Périgord
Französische Lebensart vom Feinsten
Sollten Sie nach Sehnsuchtszielen suchen, wo A-Listen Promis ihre Duftmarken setzen und die Mehrzahl der Logieradressen als coole Designhotels etikettiert werden, hören Sie jetzt besser auf zu lesen. Als ich mich vor vielen Jahren von einem Pariser Freund zu einer gemeinsamen Reise überreden ließ, musste ich erst mal in die Landkarte schauen. Einer seiner besten Freunde besaß ein Relais & Chateaux in der Gegend und half uns bei der Organisation unserer Schlemmerfahrt, zu der wir an einem schönen Sommertag von Paris aus mit dem Auto aufbrachen. Beide nicht daran gewöhnt, Abend für Abend große Menüs auf dem Teller zu haben, waren wir nach wenigen Tagen vom Essen und Trinken so erschöpft, dass wir nur noch um eine kleine Käseplatte baten. Die nicht weniger köstlich daher kam, in Begleitung herrlicher Rotweine. Abgesehen von der kalorienschweren Kulinarik durften wir ein Stückchen Frankreich entdecken, das unweigerlich zum Träumen verführt.
Obwohl das Périgord, das man auch unter dem Namen Dordogne kennt, jedes Jahr rund 1,5 Millionen Besucher zählt, ist es meilenweit davon entfernt, ein Trendziel genannt zu werden. Es ist vielmehr eine Liebe fürs Leben. Ein wunderschönes Stück paradiesisch heiler Landschaft, deren verschlafene mittelalterliche Dörfer von trägen Flüßchen umgarnt und von trutzigen Burgen bewacht werden. Ein Schlemmerparadies der Extraklasse, ein Feinschmeckern wohlbekanntes Filetstückchen im Südwesten Frankreichs. Mit einem Kleintierzoo von 200 000 Gänsen und einer Million Enten ist es Hauptlieferant für Foie Gras und Confit de Canard. Die Wälder voller Trüffel, die Bäume voller Walnüsse, die Hügel voller sonnenverwöhnter Weinreben. Sein längster Fluß heißt – wie das gesamte Département – Dordogne und schlängelt sich auf seinem Weg vom Zentralmassiv auf einer Länge von 500 Kilometern bis nach Bordeaux.
Es war an einem sonnigen Sommertag der fünfziger Jahre, als ein Amerikaner mit gebräunter Glatze in Begleitung einer langmähnigen Blondine seine Kanufahrt in der Nähe des Dörfchens Trémolat unterbrach und genau da, wo die Dordogne eine schwungvolle Schleife macht, an Land ging. Der Herr mit Schnurrbart und Baskenmütze, dem der Garten gehörte und das Haus, deren Gästezimmer er seit kurzem zahlenden Fremden überließ, erinnerte sich an den Zeitungsartikel, in dem es hieß, daß ein berühmter amerikanischer Schriftsteller die Gegend bereiste. Er holte sein Lieblingsbuch, den „Wendekreis des Krebses“ aus dem Bücherschrank und eilte zurück ans Flussufer, um Henry Miller seine Dienste anzubieten.
Der Schriftsteller wollte nur einmal übernachten, doch er blieb vier Wochen, deren Sinneslust sich im Vorwort zur zweiten Edition seines Buches „Der Koloß von Maroussi“ literarisch mit folgenden Worten niederschlug: „Es kann geschehen, daß Frankreich eines Tages zu existieren aufhört, aber das Périgord wird überleben, ganz wie die Träume, mit denen sich die menschliche Seele nährt.“ Man könnte daraufhin meinen, er hätte diese herrliche Gegend bis in den letzten Winkel erforscht.Weit gefehlt. In Wirklichkeit verbrachte er die meiste Zeit im Garten, brachte insgesamt 382 Briefe zur Post oder spazierte über die Dorfstraße von Trémolat, dessen Handvoll Häuser sich damals wie heute in den Schatten einer mittelalterlichen Kirche duckte. Sein Zimmer, die Nr. 4 im efeuumschlungenen „Vieux Logis“, das wie viele andere romantische Landhotels in dieser Gegend zur Relais & Chateaux-Kollektion gehört, zählt inzwischen zu den häufig bereisten Pilgerzielen des amerikanischen Henry-Miller-Clubs.
Im Gegensatz zu dem sinnesfreudigen Schriftsteller durchstreift der neugierige Reisende die Uferlandschaft der Dordogne, die sich an manchen Stellen wie ein aufgeschlagenes Geschichtsbuch präsentiert. Überall findet er auffällige Kirchen und Klöster, prähistorische Felsmalereien, Grotten und Höhlen.Als ehemaliger Teil des Römischen Reiches, erlebte das Périgord im Lauf der Jahrhunderte Hungersnöte, Religionskriege und schließlich die Revolution – eine Leidenszeit, von der sich das Land damals nur schwer erholte.
Bodenständig: die Küche des Périgord
Ein Großteil der bäuerlichen Rezepte, die auch für Reste Verwendung finden, basieret auf einer einfachen, aber schmackhaften Arme-Leute-Küche. Entenhälse werden, der Tradition entsprechend, mit Innereien gefüll. Was von der Gans übrigbleibt, wird zerhackt und zu Schmalzfleisch (Rillettes) verkocht.
Gänse- beziehungsweise Entenstopfleber wird in feinen Scheiben mit geröstetem Brot und körnigem Feigenmus serviert. Zu Lammkeulen mit Knoblauch und Kräutern und zu den kräftigen Ziegenkäsen der Region passen die vollmundigen Rotweine aus dem Bordeaux oder aus dem benachbarten Cahors. Der Vieille Prune, ein in Holzfässern gelagerter einheimischer Pflaumenschnaps, konkurriert mit einem süßen Nußlikör aus Walnüssen der Region. Jede Jahrezeit hat ihren kulinarischen Reiz: Im Frühjahr gibt es Morcheln, im Sommer Steinpilze und in der Zeit von November bis März Trüffel, die sogenannten schwarzen Diamanten. Wer sich für letztere interessiert, besucht das Maison de la Truffe in Sorges, der „Welthauptstadt des Trüffel“, einem kleinen Ort in der Nähe von Périgueux.
Der Handel mit dem hochkarätigen Edelpilz folgt eigenen Gesetzen. Fundstellen werden als Geheimnisse gehütet. Die in Säckchen, Tüten und Körben feilgebotene Ware wird heutzutage für rund 800 Euro pro Kilo gehandelt. Trüffel-Flüsterer behaupten, daß die kostbare Knolle, in Mengen genossen, Frauen nachgiebiger und Männer liebenswürdiger macht.
Genuss nach Mass: eine Autoreise durchs Périgord
Eine individuell gestaltete Genussreise konzentriert sich normalerweise auf das sogenannte Périgord Noir, das Tal der Dordogne zwischen Souillac und Saint-Cyprien und die Gegend um Montignac und Limeuil. Sie beginnt beispielsweise in Sarlat, der Hauptstadt dieser Region, einer erstaunlichen Ansammlung historischer Herrenhäuser und Adelssitze. Und führt zu Attraktionen wie den Gärten des Manoir d’Eyerac, zum Chateau de Beynac, das seinerzeit Richard Löwenherz eroberte, und nach Les Mirandes, einem Prachtbau aus der Zeit der Renaissance, unter dessen Dach Josephine Baker mit ihren zwölf Adoptivkindern aus aller Welt lebte.
Tagsüber tummeln sich die Reisenden in den schmalen Gassen der Dörfer, die zum Teil wie Schwalbennester in den Felsen kleben. Sie machen Bootsausflüge, stöbern nach Antiquitäten, plündern die Regale der Feinkostläden und stärken sich hier und da mit einem „Ballon“ (kleines Glas Rotwein) und einer knusprigen Quiche. Nach Sonnenuntergang sitzen sie in den Gärten und auf den Terrassen romantischer Landhotels – in Mühlen, Klöstern und Herrenhäusern. Und tun das Gleiche wie Henry Miller, indem sie – überwältigt von soviel Schönheit und Lebensfreude – ganz einfach die Zeit vergessen.
Romantische Hideaways
Le Vieux Logis
Das sehr persönlich geführte Familienhotel mit einem großen Pool im Garten profitiert bis heute von seinem berühmtesten Gast, dem amerikanischen Schriftsteller Henry Miller. Er nächtigte vier Wochen lang hinter den rotweißkarierten Vorhängen der alten Kartause. Im stimmungsvollen Speisesaal wurde früher Tabak zum Trocknen aufgehängt. Heute wird hier exquisite Sterneküche zelebriert. Hotel und Restaurant findet man im Bilderbuchort Trémolat, nicht weit von Périgueux und Bergerac. Buchung über www.relaischateaux.com
Le Moulin de l’Abbaye
Das alte Mühlrad erinnert an die Vergangenheit des bezaubernden Geniesserhotels am Ufer der Dronne. Genau gesagt liegt es in Brantome, einem bezaubernden Ort, der häufig mit Venedig verglichen wird. Die ganz unterschiedlichen Zimmer verteilen sich auf drei Gebäude, eins davon am gegenüberliegenden Flussufer. Man speist auf der überdachten Terrasse unter Regie eines Sternekochs. Jean-Christoph Perrin verwöhnt seine Gäste mit zarten Filets vom Limousin-Rind in der Pilzkruste. Buchung über www.relaischateaux.com
Le Moulin du Roc
Die ehemalige Nussölmühle aus dem 17. Jahrhundert ist der Hingucker von Champagnac-de-Belair, nicht weit von Brantome, im sogenannten Périgord Vert. In den historischen Räumen war Platz für 15 Zimmer und Suiten und ein ausgezeichnetes Fine-Dining-Lokal. Mit einer Zweisterneköchin als Mutter trat Alain Gardillou in große Fußstapfen. Er tat es mit Talent und Leidenschaft. Sein Restaurant Roda steht heute für eine leichte zeitgemäße Interpretation der einheimischen Küche. www.moulinduroc.com
Domaine de Rochebois
Seit Mai 2022 gibt es in der Nähe von Sarlat eine neue Rundrum-Wohlfühlwelt. Teil des modernisierten Gebäudeensembles ist ein Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert sowie ein Hotel mit 40 Zimmern und Suiten, ein Nuxe-Wellnessbereich und ein 9-Loch-Golfplatz. Küchenchef Jean-Philippe Vecco hält die Hand über das Restaurant Gastronomique Le M, La Brasserie Le Wedge die Sommerterrasse, wo bei schönem Wetter Cocktails und Soul Food serviert werden, sowie die Bar Josephine. Was ihren Namen betrifft, so handelt es sich hier nicht um die Gattin Napoleons, sondern um die schwarze Tänzerin, Bürgerrechtlerin und Schlossbesitzerin Josephine Baker, die von 1947 bis 1968 im Chateau Milandes in Castelnaud-La-Chapelle mit ihrer „Regenbogenfamilie“ lebte (www.milandes.com). www.rochebois.com
Chateau de la Treyne
Am südlichen Rand des Périgord thront das Chateau auf einem bewaldeten Hügel, hoch über dem Tal der Dordogne. Der Turm aus dem 14.Jahrhundert ist das Wahrzeichen der alten Trutzburg. Man speist besonders feierlich bei Kerzenlicht unter den hohen Holzdecken des
Louis-XIII-Salons. Buchung über www.relaischateaux.com
Domaine de Rochebois, Vitrac
Vor den Toren von Sarlat wurde ein feudaler Wohnsictz aus dem 19. Jahrhundert rundrum modernisiert und im Mai 2022 wiedereröffnet. Das einzige neue Fünfsternehotels im Périgord Noir bietet 40 Zimmer und Suiten, zwei Restaurants, Bar und einen Nuxe Wellnessbereich. Der 9-Loch-Golfplatz wurde gerade fertiggestellt. www.rochebois.com
City-Hideaway
Wer lieber in der Stadt wohnt, sollte sich für das stilvolle historische Herrenhaus im Herzen von Sarlat entscheiden. Es hat drei elegante Suiten und sechs Zimmer und einen Pool im Innenhof. www.lepetitmanoir-hotel.com
Ferienhaus
Domaine Le Cariol
Die abwechslungsreiche Geschichte des liebevoll restaurierten Landgutes reicht zurück bis ins Mittelalter. Erst war es ein Weingut, später ein schlichter Bauernhof, heute ein familiengeführtes Urlaubsdomizil mit vier ganz unterschiedlichen Ferienwohnungen. La Métairie und La Foulerie findet man im Haupthaus, La Fermette und L’Atelier in separaten Nebengebäuden. Alle haben eine eigene Terrasse und jeweils Platz für maximal vier Personen. Geschickt integriertes Mauerwerk erinnert an vergangene Tage, moderne Küchen und ein türkisschimmernder Pool stehen für die neue Zeit. Nicht weit entfernt: die mittelalterlichen Städte Sarlat, Bergerac, Beynac und die Schlösser in ihrer Nachbarschaft. lecariol.com
Die Domaine Le Cariol gehört zur handverlesenen Kollektion des Ferienhaus-Spezialisten Urlaubsarchitektur. www.urlaubsarchitektur.de
Top-Restaurants
Restaurant La Table du Pouyaud
In dem liebevoll restaurierten Bauernhaus kocht Gilles Gourvat auf Sterneniveau. Man findet das beliebte Feinschmeckerlokal in Champcevinel, in der Nähe von Périgueux. Die Betonung liegt auf regionalen Köstlichkeiten. Wie Rührei mit Trüffel oder halbroh in Heu geräucherte Enten-Foie Gras. www.table-pouyaud.com
Restaurant Les Singuliers
Eine der in bemerkenswerten Neueröffnungen. Der junge Chefkoch Louis Festa wurde 2022 vom Gault & Millau als „jeune talent“ gewürdigt. Nach seiner Ausbildung in Paris arbeitete er zuletzt in der Küche des „Le Moulin de l’Abbaye. In seinem eigenen Restaurant in Saint-Astier veredelt er beste regionale Zutaten für eine kulinarische Reise voller Überraschungen. www.restaurantlessinguliers.fr
Le Moulin de L‘Imaginaire
Küchenchefin Fabienne Eymard lernt ihr Handwerk bei Alain Solivérès im Restaurant Taillevent in Paris. Später vertraute ihr Alain Ducasse sein Pariser Bistrot Benoit an. Sie kehrte zurück ins Périgord um für Menschen zu kochen, die sie liebt. In Erinnerung an die Gerichte ihrer Kindheit. Der Ort ihrer Wahl: Terrasson-Lavilledieu, am Ufer des Flusses Vézère. Auf der Restaurant-Terrasse genießt man den Blick auf die Brücke Pont-Vieux aus dem 17. Jahrhundert. www.moulin-limaginaire.com
Le Petit Paris
Daglan ist ein idyllisches Örtchen, rund 20 Kilometer südlich von Sarlat. Man sitzt am Dorfplatz und verwöhnt sich mit Köstlichkeiten wie Tartare de Saumon und der besten Mousse au Chocolat der ganzen Region. www.le-petit-paris.fr
L’Esplanade
Im mittelalterlichen Ort Domme, im Herzen des Périgord Noir, lässt man sich bei Sonnenschein von Hausherr und Küchenchef Pascal Bouland auf der Terrasse des charmanten Hotel-Restaurants verwöhnen. Er ist bekannt für seine kreativen Trüffelgerichte oder Gaumenkitzler wie gegrillte Foie Gras de Canard auf frischen Erdbeeren. www.esplanade-perigord.com
Der schwarze Périgord Trüffel
Wie schmeckt er?
Er hat ein intensives, leicht bitteres Aroma. Geprägt von seinem Fundort im Wald, von den Wetterbedingungen, speziell von der Feuchtigkeit.
Wann hat er Saison?
Im Périgord findet man den schwarzen Trüffel (Tuber Melanosporum) in den Monaten Januar und Februar. Vor allem, wenn er frisch geerntet ist, entfaltet sich sein Aroma. Ähnlich wie beim Wein, erlebt man die Jahrgänge unterschiedlich.
Ein besonderer Tipp: Catherine und Laurent Moisan bieten im Hotel-Restaurant Auberge de la Truffe in Sorges spezielle Trüffel-Wochenenden an. Mit Marktbesuch, Besuch des Ecomusée de la Truffe, Trüffel-Kochkurs, Verkostungen etc. Am letzten Samstag im Januar ist übrigens in Sorges Trüffelfest. www.auberge-de-la-truffe.de
Trüffel satt: Domaine Truffier du Grand Merlhiot
Henri Parent, Besitzer des Chateau Le Gay in Pomerol, lässt mit seinem neuen Projekt die Herzen internationaler Gourmets höher schlagen. Das Trüffel-Paradies befindet sich in Savignac-Les-Eglises, eingerahmt von 13 Hektar gepflanzter Jungbäume. Demnächst kommen noch 50 hinzu. Trüffel-Flüsterer Olivier Leserne und sein Hund Ostape tragen alles dazu bei, der Marke „Made in Périgord“ zum Erfolg zu verhelfen. In der prachtvoll restaurierten Residenz des Trüffelguts wurden drei Zimmer für Gäste hergerichtet. Betreut von Hausherrin Karine Leserne persönlich, Trüffel-Menüs inklusive. www.domainedugrandmerlhiot.com
Deli-Shopping
Markt in Sarlat
Jeden Samstag bringen die Bauern der Umgebung ihre Waren auf den Place del la Liberté. Der Markt genießt zu Recht den Ruf als einer der besten von Frankreich: mit Obst und Gemüse, Würsten, Schinken, Pilzen und allem, was Gans und Ente zu bieten haben.
La Ferme Périgourdine
Käsekenner geraten hier ins schwärmen. Man findet eine Riesenauswahl regionlaer und aller anderen französischer Käsesorten. 9, Rue Limogeanne, Périgueux
Anreise
Von diversen deutschen Städten gibt es Flugverbindungen nach Bordeaux. Dort kann man ein Auto mieten. Entfernung von Bordeaux nach Périgueux 120 Kilometer.
Ob Ente, Fiat 500 oder Renault 4, es gibt alle Arten von Oldtimern zu mieten für eine Spritztour von Bordeaux ins Périgord. www.car-vintage.fr