DAS BLAUE LAND, BAYERN
Vor 100 Jahren Sehnsuchtsort berühmter Maler. Bis heute Geheimtipp und ein zartes Filetstückchen unter den begehrtesten Reisezielen in Bayern.
An der Bilderbuchlandschaft um Kochelsee, Staffelsee, Walchensee und Riegsee konnten sich namhafte Künstler wie Franz Marc, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter nicht satt sehen. Alle Arten von Blau inspirierten sie zu kreativem Schaffen, hinterließen sichtbare Spuren auf ihren Bildern. Wer sich 100 Jahre später die Zeit nimmt, nach dem Prinzip der Langsamkeit an den Seen entlang zu spazieren oder sie gar auf einer Wanderung zu umrunden, kann das sicherlich nachempfinden. Die neun Kilometer um den kleineren Riegsee, immer mit dem Blick auf die majestätische Alpenkulisse, ist da ein schöner Einstieg. Für den 21 Kilometer langen Rundweg um den Staffelsee braucht schon deutlich mehr Zeit. Im Süden verläuft dieser Weg direkt am Seeufer entlang. Auch der Märchenkönig Ludwig II verfiel dem Charme dieser bezaubernden Gegend. Als leidenschaftlicher Wanderer ließ er sich auf dem Herzogstand in 1731 Meter Höhe eine Hütte errichten. Heute erreicht man den Gipfel bequem mit der Herzogstandbahn. Dort angekommen, genießt man den Blick Richtung Norden auf sieben bayerische Seen. Nach Süden türmt sich die Alpenkette auf, von der Zugspitze über das Karwendel bis weit in die Tiroler Berge.
EIN MALER SIEHT ROT
Gelbe Kühe, rote Rehe, ein blauer Reiter zu Pferd – für die auf Barockmadonnen und Lüftlmalerei geeichte Landbevölkerung war das mehr als gewöhnungsbedürftig. Franz Marc hatte sich dieses stille Paradies zwischen Kochelsee und Zugspitze, wo er schon als Kind mit seinen Eltern Ferien machte, ganz bewusst ausgesucht und zu seiner persönlichen Fluchtburg erklär. Für ihn wie für eine Handvoll anderer Münchner Maler war es ein immerfort sprudelnder Quell an Inspirationen. Geprägt von Mooren, Birken und sattblauem Himmel, prall vor Farben und Lebensfreude – bis heute. Als Wortführer der expressionistischen Avantgarde – gründete Marc gemeinsam mit Klee, Kandinsky, Macke, Feininger und Campendonk – allesamt Vertreter der neuen expressionistischen Malerei – 1911 die Künstlergruppe „Blauer Reiter“, eine Art Bollwerk gegen die notorische Historienmalerei der Münchner Akademie. Der Krieg machte allem ein Ende. Franz Marc starb 1916 als Soldat. Aus der auf einem Hügel über dem Kochelsee thronenden Ferienvilla eines Münchner Industriellen wurde später das Franz Marc Museum mit über 100 seiner Werke und einigen seiner Weggenossen. Heute ist es ein Pilgerziel von Kulturreisenden aus aller Welt. Aktuelle Ausstellung: „Franz Marc. Bunte Grüsse an Paul Klee“. Unter anderem sieht man zwölf illustrierte Postkarten aus einem Briefwechsel zwischen den beiden Malern, die das Museum 2022 erworben hat und die erstmals zu sehen sind. Im Museumscafé „Franz am See“ speist man mit Blick auf den Kochelsee. www.franz-marc-museum.de
HOTELTIPPS
Hotel Gasthof zur Post, Kochel am See
Im 14. Jahrhundert wurde der Grundstein der Poststation gelegt, gleichzeitig bekam sie das Tavernenrecht. Auf dem Weg von München nach Innsbruck wurden hier die Pferde gewechselt. Seit 1908 wird das historische Gasthaus von der Familie Suttner, inzwischen in vierter Generation, geführt. Aktuelles Package „Kleine Auszeit“: drei Nächte in einem Komfortzimmer, dreimal Frühstück und dreimal 3-Gang-Wahlmenü zum Abendessen, freier Eintritt ins Franz Marc Museum, pro Person 279 Euro,
www.posthotel-kochel.de
Danner-Hof, Kochel am See
Peter und Patricia Danner haben den historischen Bauernhof in ein gemütliches Landhotel verwandelt. Es gibt Zimmer und Apartments, mit Balkon oder Terrasse. Die Zutaten zum Frühstück liefern benachbarte Bio-Betriebe. Nach langen Wanderungen erholt man sich in dem kleinen Wellnessbereich mit finnischer Sauna, Bio-Sauna und Heuwiesen-Relaxraum.
www.danner-hof.de
MURNAU AM STAFFELSEE
Schon im Mittelalter wurde hier, zu Füßen der Burg Murnau, regelmäßig Markt gehalten. Heute ist das 12 000-Einwohner-Städtchen das Herzstück des Blauen Landes. Eine Schatzkammer landschaftlicher, kultureller und kulinarischer Entdeckungen.
Murnau ist die zweitgrößte Gemeinde im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Das Stadtgebiet und seine Umgebung lagen während der letzten Eiszeit unter einer 600 Meter dicken Eisdecke. In seiner neueren Geschichte grenzte der Ort an eine Römerstraße, die bis nach Augsburg reichte und noch bis zum 19. Jahrhundert Bestand hatte. Der Ort selbst wurde Mitte des 19.Jahrhunderts fast komplett durch einen Brand zerstört. Sein heutiges harmonisches Stadtbild verdankt er dem Architekten Emanuel von Seidl. Und seine Popularität als Künstlerort den beiden Maler-Pärchen Gabriele Münter und Wassily Kandinsky sowie Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky. 1908 kamen sie gemeinsam nach Murnau um zu malen.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde alles anders. Kandinsky kehrte nach Russland zurück. Ab 1931 lebte Gabriele Münter im gleichen Haus mit dem Kunsthistoriker Johannes Eichner. Heute ist das 1999 renovierte Münter Haus als Museum eine der beiden größten Attraktionen in der Gegend. www.muenter-striftung.de
Die andere ist das Schlossmuseum. Nicht erst bei seiner Eröffnung 1993 im mitten in der Stadt gelegenen Murnauer Schloss wurde offensichtlich, wie viele Werke aus der Zeit des Nationalsozialismus verloren gegangen sind, als entartete Kunst verboten, enteignet, zerstört. Neben 70 Gemälden, Zeichnungen und Hinterglasbildern von Gabriele Münter, gibt es hier einige bemerkenswerte Werke anderer Maler aus der Zeit. Interessant und aufschlussreich: die einzige öffentliche Dokumentation zu Leben und Werk von Ödön von Horváth, der in Murnau ein paar Jahre glücklich war, bevor er vor den Nazis fliehen musste. Kommende Ausstellung: „Der Blaue Reiter Eine Hommage“ 30 Jahre Schlossmuseum Murnau, vom 1. Juli bis zum 26. November 23, www.schlossmuseum-murnau.de
HOTELTIPP
Alpenhof Murnau
Ein paar Autominuten außerhalb von Murnau, behauptet das hochkarätige Country-Hideaway seinen Logenplatz am Rand des Murnauer Moors, rundherum in Grün gebettet, mit Blick auf die Alpenkette. Seit Christian Bär die Regie übernommen hat, glänzt er nicht nur als aufmerksamer Gastgeber, er gibt auch keine Ruhe, wenn es um Verschönerungen, Anbauten oder noch mehr Komfort geht. So verbindet jetzt ein neuer Zwischentrakt das Hauptgebäude mit dem Haus Moosberg, einer früheren Dependance. Herzstück des kulinarischen Angebots ist das in hellen Farben gestaltete Panorama-Restaurant. Beim Frühstück auf der Terrasse schaut man auf die markanten Berge des Alpenvorlandes, die noch bis weit ins Frühjahr weiße Mützen tragen. Nach dem Prinzip der „neuen bayerischen Küche“ lehnt sich Küchenchef Claus Gromotka deutlich an alles, was die Region Staffelsee an Gutem zu bieten hat. Im Rahmen der Halbpension erleben die Gäste seine Fine-Dining-Menüs in drei bis sieben Gängen. Sommelier Guarino Tugnoli empfiehlt dazu die passenden Weine von einer Karte mit 1000 Positionen, einer der besten landesweit. Die großzügige Sauna- und Badelandschaft wurde zuletzt durch ein Almsaunadorf in zeitgemäßem Alpenlook auf 2000 Quadratmeter erweitert. Zu E-Bike Touren ins Murnauer Moos starten die Gäste direkt vor der Haustür. www.alpenhof-murnau.com
RESTAURANT-TIPP
Seerestaurant Alpenblick, Uffing
Bei Sonnenwetter wählt man zwischen dem zünftigen Biergarten und der mehrfach aufgrund ihrer Lage preisgekrönten Terrasse des heimeligen Gasthofs. Küchenchef und Hausherr Michael Bot verwöhnt seine Gäste mit regionalen Süßwasserfischen wie Zander, Hecht, Renke, Saibling und Aal. Die passenden frischen Kräuter holt er aus dem eigenen Garten. Von der Bootsanlegestelle startet man zu Ausflügen auf dem See, der nicht weniger als sieben Inselchen in seiner Mitte hat. www.seerestaurant-alpenblick.de
Bischoff’s Ähndle, Murnau
Gemütliches Lokal mit Biergarten und Blick auf das Murnauer Moos. Man findet es direkt neben dem barocken Ramsachkircherl. Am Herd stehen der ehemalige Sternekoch Thilo Bischoff und sein Küchenchef Ronny Buchholz. Auf den Tisch kommen feine, leichte Speisen, die auf der Basis regionaler Zutaten zubereitet werden. www.aehndl.de
Griesbräu Murnau
Mitten im Ort: eine wunderbare Mischung aus Brauerei, Gasthof und 36 Hotelzimmern in den Nebengebäuden. Die Küche ist deftig und gut. Hier dreht sich alles um Haxn, Enten und Hendl. Am Samstag ist Weisswursttag. Wer ganz viel Hunger hat, bestellt die gemischte Brauhausplatte. www.griesbraeu.de